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Freitag, 22.09. Athen: Kerameikos Im Laufe der frühmorgendlichen Zugfahrt und am Flughafen finden sich allmählich alle Schäflein ein. Wunderbarerweise funktioniert alles, und wir landen pünktlich in Athen, wo wir von unserem nun ständigen Begleiter Ioannis Tsiodras abgeholt werden, der uns mit seinem Bus ins Zentrum fährt. Wir haben etwa eine Stunde Zeit, die Zimmer zu beziehen, dann machen wir uns auf den Weg zum Kerameikos, dem antiken Friedhof der Stadt. Hier empfängt uns Jutta Stroszeck vom Deutschen Archäologischen Institut und führt uns kundig durch das Gelände. So bekommen wir gleich zu Anfang einen hervorragenden Eindruck von der antiken Topographie Athens, indem uns Frau Stroszeck den Verlauf der Heiligen Strasse durch die Stadt bis hin zur Akropolis zeigt. Abends treffen wir uns zu einem ersten gemeinsamen Essen unterhalb der nächtlich beleuchteten Akropolis. Katharina
Wesselmann
Samstag, 23.09. Athen: Akropolis Nach der Besichtigung des Dionysostheaters, der - leider stark veränderten - Stätte der Uraufführung aller griechischen Tragödien, gelangen wir zum Eingang der Akropolis. Eine wahrlich berühmte Stätte, die offensichtlich jedermann/frau gesehen haben muss. Nur so kann ich mir erklären, dass sich unsere Gruppe erst einmal völlig in den Menschenmassen verliert. Die einen müssen ihre Rucksäcke noch bei einer weiter unten gelegenen "Garderobe" deponieren, während die andern mit ihren ebenso grossen Mappen gleich in den heiligen Bezirk eintreten können. Jedenfalls sammeln sich die Basler nach einiger Zeit doch beim Museum. Nachdem das letzte Schäfchen "eingefangen" ist, beginne ich meine Führung. Bevor wir ins Museum gehen, erläutere ich die wechselvolle Geschichte der Stätte. Im Museum ist es leider wieder fast unmöglich, dass alle gemeinsam ein Objekt betrachten können. Die Touristenströme sind schier unermesslich. Es gelingt uns zum Glück doch, die wichtigsten Stücke zu betrachten. Wieder draussen beginnen wir die Führung über das Gelände. Zunächst stelle ich das Erechtheion mit seinem mythologischen Hintergrund vor, dann betrachten wir die Grundmauern des alten Athena-Tempels um uns dann dem Parthenon zuzuwenden. Ich bespreche die verschiedenen Bauphasen und wir versuchen sie auf dem Gelände zu erkennen. Lange besprechen wir die baulichen Details und es gelingt mir sogar den dorischen Eckkonflikt vor Ort verständlich zu machen. Wir umwandern noch das Parthenon und wenden uns dann den Propyläen und dem, leider zurzeit abgebrochenen, Nike-Tempelchen zu. Während ich meine Ausführungen gerade noch zu Ende bringen kann, beginnt es zu regnen. Unter den bis dahin noch nicht sehr zahlreich vorhandenen Regenschirmen – es werden bis zur nächtlichen Rückkehr vom köstlichen griechischen Abendessen noch einige bei den sofort überall auftauchenden Strassenverkäufern dazugekauft werden – ziehen wir zur Agora. Marianne
Baumann
Athen - Agora Vor dem strömenden Regen flüchten wir zunächst ins Museum, wo die materielle Antike für viele der bis dato lediglich auf die Texte konzentrierten Philologen zunehmend lebendig wird. Neben der berühmten Losmaschine sind es vor allem die Stimmsteine mit dem Namen "Themistokles", die solches bewirken: der legendäre Feldherr tritt plötzlich in eine ganz neue Dimension jenseits aller historiographischen Fiktion ein! Der Mann, der die athenische Flotte bauen liess und sich dabei einige Silbertalente abzweigte, der Perser und Griechen gleichermassen austrickste und dadurch die Schlacht von Salamis provozierte, der listenreiche, vielgehasste Retter Athens - er hat also wirklich existiert? Den heiligen Schauer relativiert Herr Wachter, indem er feststellt, dass der Name auf den meisten der Scherben falsch geschrieben ist: "Themisthokles" steht da, und plötzlich verliert es an Dramatik, neulich in den Stilübungen nicht gewusst zu haben, ob man tau oder theta setzen solle. Katharina
Wesselmann
Nachdem der Regen aufgehört hatte – den Göttern sei Dank! -, beginnen wir unseren Rundgang auf der Agora beim Zwölfgötteraltar, der erahnt werden muss. Eindrücklich ist, dass er den Mittelpunkt Athens symbolisierte. Weiter besichtigen wir die Stoa Basileos und die Stoa des Zeus Eleutherios. Zwischen diesen Stoai verläuft die heutige Eisenbahn, die uns nicht nur beim Vorbeifahren mit Lärm stört, sondern auch die Besichtigung erschwert. Von dort aus gehen wir weiter zum Hephaisteion, das wir schon von der Akropolis aus bewundert haben. Da es als der besterhaltene Tempel der Welt gilt, ist es sicher ein Höhepunkt unserer Reise. Mitte 5. Jahrhundert errichtet, entging er der Zerstörung durch die Perser und wurde im Mittelalter in eine Kirche umgewandelt. Wir betrachten die stark verwitterten Metopen der Vorderfront, die die Arbeiten des Herakles zeigen. Ebenso beeindruckt die Decke, eine aufwendige Kassettenkonstruktion. Zudem ist hier die Kurvatur des Tempels gut zu sehen. Vom Hügel des Hephaisteion aus sind die Grundrisse des Alten und Neuen Bouleuterions und der Tholos gut erkennbar. Interessant ist an der Tholos nicht nur die umstrittene Rekonstruktion, sondern auch die Verteilung der fünfzig Klinen im Innern. Man geht davon aus, dass hier im Sitzen gegessen wurde, anders ist eine Unterbringung aller Ratsherren unmöglich. Elisabeth
Reber
Abends haben wir noch einige Stunden Zeit, das Nationalmuseum zu besichtigen. Jeder Bericht würde in eine blosse Aufzählung der schier unermesslichen Schätze münden, die hier aufbewahrt werden: die 'Maske des Agamemnon', die Kouroi von Sounion und Volomandra, der Poseidon von Kap Artemision ... Herr Wachter erweist sich wieder einmal als unentbehrlich, als er einer Gruppe von Interessierten die Inschriften auf den Grabstelen erläutert. Katharina
Wesselmann
Sonntag, 24.09. Eleusis Im Demeterheiligtum von Eleusis galt es, sich mit einem hochberühmten, allerdings umso geheimnisvolleren Kult auseinanderzusetzen. Das Aussergewöhnliche, ja Ungriechische der Mysterien zeigte sich uns im Hauptbau des Bezirks, dem sogenannten Telesterion. Seine Geschichte reicht bis in die mykenische Epoche zurück, wobei es über die Jahrhunderte immer wieder Um- und Ausbauten erlebte, um erst in nachklassischer Zeit zur Form zu gelangen, welche wir nun vor uns hatten. Wir füllten nur einen Bruchteil der Sitzstufen, welche den grossen Säulensaal umschlossen, und die den Zweck des Grossbaus offenbaren: es handelt sich um einen Versammlungsort, dessen Ausmass nur am Ort wirklich zur Geltung kommt, obgleich die heutigen Besucher im Telesterion unter freiem Himmel sitzen. Die kultischen Vorgänge bei den Mystenkongregationen sowie deren Zusammenhang mit Demeter und Persephone, denen das Heiligtum geweiht ist, bleiben unbestimmt und jede konkrete Aussage darüber Vermutung - doch auch hier, wie an anderen Kultplätzen, wird es irgendein Heil gewesen sein, welches man anstrebte. Obwohl Eleusis die ganze Antike hindurch eine Stätte von grosser Anziehungskraft war, hat sich das Geheimnis, das den Eingeweihten auferlegt wurde, bis zum heutigen Tage halten können. Patrick
Kuntschnick
Delphi - Athena-Pronaia-Heiligtum Nach einem eindrucksvollen Zwischenhalt bei der mittelalterlichen Klosteranlage Hosios Loukas, wo gerade Drillinge getauft werden, besichtigen wir als letztes für diesen Tag das Heiligtum der Athena-Pronaia. In der warmen Abendsonne durchschreiten wir es von Ost nach West, wie es sehr wahrscheinlich auch Pausanias gemacht hat. Zu betonen ist die Gleichwertigkeit dieses Heiligtums gegenüber dem Apollontempel. Dies sieht man auch in den Eumeniden des Aischylos: Pythia ruft neben Apollon auch Athena an (Eum. V. 21). Im Altarbereich entdecken wir mehrere Inschriften, unter anderem die Aufschrift Ergane mit einem Digamma am Wortanfang. Neben den Grundrissen und massiven Steinresten des Athenatempels und der Schatzhäuser ist vor allem die Tholos bemerkenswert, von der drei Säulen wieder aufgerichtet wurden. Nicht nur die Verwendung dieses Rundbaus ist unklar, sondern auch die Rekonstruktion. Neuste Forschung konnte jedoch nachweisen, dass dem Bodenmuster Fünfecke zugrunde liegen. Diese bestimmen das Muster und die Anordnung der Säulen im Innern der Cella. Das Fünfeck hatte bei den Pyhagoreern die Bedeutung der Gesundheit und apotropäische Wirkung, ausserdem stand die Zahl Fünf für Vollkommenheit. Vor der Tholos stellen wir uns dann für ein Gruppenphoto auf. Zum Schluss rätseln wir noch über die Errichtung des westlichen Tempels, da dieser vielleicht der Artemis geweiht war und nicht der Athene. Unlogisch erscheint uns die These, dass man den westlichen Tempel zugunsten des neueren östlichen aufgegeben haben soll. Der östliche Tempel ist nämlich kleiner. Elisabeth
Reber
Montag, 25.
September 2006Olympia Auf dem Plan stand für den Morgen die Besichtigung des Museums in Delphi. Leider war es geschlossen und so beschrieb ich die Objekte, ohne sie vor uns zu haben. Wir setzten uns neben dem Museum in den Schatten. Im Museum hätten wir die beiden archaischen Kuroi von ca. 580 v. Chr. gesehen, welche die ältesten monumentalen Weihgeschenke in Delphi sind und aus Argos stammen. Besonders schön ist auch die weissgrundige Kylix, auf der Apollo in der einen Hand eine Lyra hält und mit der anderen aus einer Schale Wein spendet. Er trägt einen purpurnen Himation, der sich sehr schön vom weissen Hintergrund abhebt. Das wohl berühmteste Objekt in diesem Museum ist die frühklassische Bronzestatue des Wagenlenkers von 478 v. Chr. Er lenkt ein Viergespann, von dem die Überreste in einer Vitrine zu sehen sind. Besonders das Gesicht und die Haare der Statue sind fein gearbeitet. Die Augen sind aus farbigem Stein eingelegt. Auf der Weiterfahrt nach Olympia, das wir am Nachmittag besichtigten, hielt Jannis unser Busfahrer an einer Quelle, damit wir unsere Wasserflaschen füllen konnten. In Delphi schmeckte auch das Leitungswasser ausgezeichnet, was in den anderen Städten leider nicht der Fall war. An diesem Tag war die Sicht ganz klar und die Aussicht sehr schön auf der Fahrt nach Olympia. In Olympia angekommen gingen wir zuerst ins Museum. Hier sahen wir unter anderem die rekonstruierten Marmorgiebel des Zeus-Tempels. Der Ostgiebel zeigt die Personen aus der Pelopssage, dem Hauptmythos Olympias. Auf dem Westgiebel ist der Kampf der Lapithen gegen die Kentauren zu sehen. Eine andere Gründungssage Olympias ist auf einer der zwölf Metopen des Tempels zu sehen, auf der Herakles den Stall des Augias ausmistet. Die anderen Metopen zeigen ebenfalls Heldentaten des Herakles. Das Ausgrabungsgelände ist von vielen Bäumen beschattet, und es war sehr angenehm sich darin aufzuhalten. Nach dem von mir geführten Rundgang las uns Professor Bierl Pindars erste Olympische Ode vor dem Pelopeion vor. Danach hatten alle Zeit, um sich noch individuell etwas umzusehen. Einige machten einen kleinen Lauf im Stadion und ruhten sich danach auf der Anhöhe aus, von wo der Ausblick auf die Landschaft besonders schön ist. Erika
Regös
Dienstag, 26.09. Bassai Am Morgen verliessen wir das Hotel in Olympia und fuhren durchs Gebirge zum dem Apollon Epikourios geweihten Tempel in Bassai. Dieser wegen seiner abgelegenen Lage erstaunlich gut erhaltene Tempel wurde - so will es Pausanias - in der Zeit zwischen 450 und 420 v. Chr. von den Bewohnern des Dorfes Phigaleia erbaut, die damit ihre Dankbarkeit für die Verschonung vor der damals wütenden Pest bezeugten. Schon früher gab es an dieser Stelle einen Tempel, in dem Apoll in seiner Eigenschaft als Kampfgott verehrt wurde. Baumeister des Tempels sei jener Iktinos gewesen, der auch das Parthenon auf der Akropolis Athens erbaute. Am Tempel von Bassai treten zum ersten Mal Elemente der korinthischen Ordung auf, deren Erfindung deswegen dem Iktinos zugeschrieben wird. Entdeckt wurde er 1765 von einem französischen Architekten, 1812 fand die erste Grabung statt. In den 1970er Jahren wurde eine gewaltige Zeltkonstruktion über dem Tempel errichtet, um ihn vor den widrigen Einflüssen des Wetters zu schützen. Nach eingehender Besichtigung des Gebäudes verliessen wir den windigen Berggipfel und fuhren weiter zum Nestorpalast. Helena
Müller
Pylos: Nestorpalast Von Bassai aus ging es ans Meer hinunter, wo uns kleine Strassen durch Olivenhaine nach Pylos zum sogenannten Nestorpalast führten. Es handelt sich dabei um eine aus dem 14. Jh. v. stammende Palastanlage, die mit denjenigen von Mykene und Tiryns verglichen werden kann. Bemerkenswert ist aber, dass die Anlage in Pylos über keine Befestigungsmauern verfügte. Die Anlage bestand ursprünglich aus einem ältern und einem neueren Palast sowie einer Werkstätte und einem separaten Vorratsraum, wovon aber nur der jüngere Palast besichtigt werden kann. Dieser besticht durch eine sehr schöne archäologische Ausgrabung, dank der die Grundrisse der ebenerdigen Räume klar erkennbar werden. Hauptraum war das in der Mitte des Palastes angelegte Megaron, welches für unsere Begriffe doch recht klein war. Es ist noch erkennbar, wo die Herdstelle und der Thron, die zentralen Gegenstände des Megarons, standen. Eindrücklich ist, wie viele Räume des Palastes – um das Megaron herum – für Vorratsgefässe vorhanden waren. Am bekanntesten dürfte jedoch die gefundene Badewanne sein. Es ist die einzige erhaltene Badewanne aus mykenischer Zeit auf dem griechischen Festland. Die Palastanlage wurde Nestor zugeschrieben, doch gibt es keine Beweise dafür; sein Name taucht auf keinem der über tausend gefundenen Linear-B-Täfelchen auf. Diese enthalten nur Verwaltungsnotizen, doch erfährt man daraus, dass Pylos zwei Bezirke mit einmal sieben und einmal neun Städten unter sich gehabt hat und somit über grosse Teile von Messenien geherrscht hat. Gleichzeitig mit den anderen mykenischen Palästen wurde Pylos im 12. Jh.v. durch einen Brand zerstört. Erst in klassischer Zeit wurde nach einem Siedlungsunterbruch ein neues Pylos gegründet, das sich auf die Idee des homerischen Pylos bezog. Auch das heutige Pylos ist wiederum eine Neugründung des 19. Jahrhunderts, der Name wurde in der Rückbesinnung auf die Antike gewählt. Nach der Besichtigung des unterhalb der Palastanlage gelegenen Kuppelgrabes fuhren wir weiter an die Ochsenbauchbucht, eines Ausläufers der Bucht von Navarino, wo 1827 in der für die griechische Unabhängigkeit wichtigen Seeschlacht die türkische-ägyptische Flotte geschlagen wurde. Neben der idyllischen Kulisse und der Bademöglichkeit bot die Ochsenbauchbucht auch eine früher als Kultstätte genutzte Höhle und die Überreste eines mykenischen Grabes. Lucien
Fluri
Mittwoch, 27.09. Messene Nach eineinhalb Stunden Busfahrt von Methoni aus erreichten wir Messene. Zu den beeindruckendsten Monumenten zählte die neun Kilometer lange Stadtmauer, die – im Gegensatz zur sonst im antiken Griechenland üblichen Lehmziegelbauweise – vollkommen in Stein gehalten ist, wie schon Pausanias im zweiten Jahrhundert nach Christus in seinen Beschreibungen festhält. Des weiteren kann Messene mit architektonischen Monumenten vor allem aus der Zeit nach der Stadtgründung um 371 v. Chr., aus der hellenistischen Zeit und der römischen Zeit aufwarten, von denen bis jetzt nur das Asklepieion systematisch ergraben und veröffentlicht ist, in anderen Stadtteilen sind im Moment noch Grabungen im Gange. So gibt es ein Theater, dessen Ursprünge wohl in spätklassischer Zeit liegen, dessen Umbauten aus römischer Zeit sich deutlich in Ziegelmauerwerk manifestieren. Die Benennung des Brunnenhauses nach Arsinoe bezieht sich nicht etwa auf eine der Königinnen oder Königstöchter aus der Ptolemäerdynastie in Ägypten, sondern auf die Tochter des mythischen Königs Messeniens, Leukippos. Die Grabungen im Stadionsbereich sind noch nicht abgeschlossen, aber es zeigt sich auf der Südseite eine Stoa aus vermutlich römischer Zeit. Ältere Heiligtümer, das des Zeus Ithomata und das der Artemis Limnatis oder Laphria (die Forschung ist sich hier nicht ganz einig), befinden sich auf dem Ithomi-Berg und auf einer Anhöhe zwischen der eigentlichen Ansiedlung und dem Ithomi-Berg. Das Museum beinhaltet vor allem Skulpturen ab der Zeit der Stadtgründung bis in römische Zeit, ein Modell des Asklepieions, sowie ein paar kleine Votivfigürchen aus Terrakotta. David
Mache
Donnerstag, 28.09. Mystrás Heute begeben wir uns in den Nebel, und dies gewiss in meteorologischer und vielleicht auch in historischer Hinsicht. Denn in Mystrás erwartete uns eine für diese Studienreise, die uns üblicherweise, in der ihr eigenen Intention, das Griechenland von Homer, Pindar, Euripides und im schlimmsten Falle das von Pausanias in erleuchtendem Sonnenschein näher brachte, eine wahrlich untypische Kulisse, die uns, egal ob Philologen oder Archäologen, jedenfalls von genuin klassischer Prägung, im besten Fall erstaunen und faszinieren, im schlimmsten Fall einfach mit ungewohnten Bildern und Eindrücken verwöhnen sollte. Hier steht noch viel und das animiert die Phantasie. Die einen fühlen sich in Szenen von Monty Python’s Ritter der Kokosnuss hineinkatapultiert, die anderen warten vergeblich auf das Einmarschieren von Befreierkämpfer Mel Gibson. Aber was haben denn diese vielen Kreuzkuppelkirchen und Kapellen, dieser Despotenpalast, das noch bzw. wieder funktionierende Kloster Pantánassa, die spärlichen Spuren der fränkischen Ritter, die oft zu Unrecht als mittelmässig bezeichneten byzantinischen Fresken, das Auge der Perívleptos: was haben all diese christlich-orthodoxen Zeugnisse oder diese Symbole der mittelalterlichen Tyranis und Kriegsbegeisterung, was hat dieser Ort, was hat diese Zeit mit der von uns untersuchten Zivilisation und Literatur zu tun? Anders gefragt: Was hat der Nebel des Mittelalters mit der klassischen Philologie zu tun? Unter einem Baum, an einem der seltenen annähernd waagrechten Plätzchen der Burg versammelt, den Schutz vor der Unwirtlichkeit des Ortes suchend, durchschreiten wir gedanklich die Historie des Ortes, die spätestens mit der Erwähnung des Namens Plethon, des frühen Platonspezialisten, der in Mystrás tätig war, für uns aus der Nebulosität der Gleichgültigkeit treten musste. Hierher war also Georgos Gemistus Plethon aus der von den Türken eroberten Hauptstadt geflüchtet, um ungestört seinen Studien nachzugehen. Von hier aus begab sich der Platonkenner, um nicht Fanatiker zu sagen, zeitweise nach Italien, wo er an einem Konzil teilnehmend, nebenbei die Präzepte und Texte seines verehrten Meisters unter anderem Marsilio Ficino und Cosimo di Medici weitertradierte. Wir wollen uns gewiss nicht der obskuren Gefahr der leidenschaftlichen Begeisterung hingeben, aber wir stellen fest, dass Plethon sozusagen die Renaissance, und so auch die Wiedergeburt der griechischen Philologie, nach Italien gebracht hat: Ohne Plethon, kein Ficino, kein Griechisch an den Schulen und Universitäten Westeuropas, also keine Gräzisten, kein „wir“. Allen Übertreibungen zum Trotz : Der Nebel hat uns in der Tat auch aufgeklärt: damals im nebulosen hinc et nunc der Exkursion nach Mystrás durften wir, Liebhaber der Antike, wieder einmal feststellen, dass die graue Wolke des Mittelalters arg viel mit unserem Fach zu tun hat. Etienne
Morel
Freitag, 29.09. Epidauros Am Morgen des 29. Septembers ging es bereits früh los nach Epidauros, wo wir als allererstes das wunderbar erhaltene Theater betrachteten und gleich in den obersten Reihen Platz nahmen, um uns gespannt das Referat von Tatjana Schär anzuhören. Die Akustik und die Aussicht waren mehr als beeindruckend! Etwas später übernahm dann ich selbst die Führung und gab der Gruppe einen kleinen historischen Überblick über die Stätte. Es lässt sich sagen, dass sich vermutlich bereits in der Bronzezeit eine kleine Siedlung an den Hängen des Kynortion Berges befand. Dort soll auch ein Heiligtum des Apollon Maleatas gewesen sein. Es lassen sich jedoch keine Anzeichen dafür finden, dass auch das Heiligtum des Asklepios bereits in dieser Zeit bestanden hat. Hier weisen die frühesten Funde von der Mitte des 6. Jh. v. Chr. bis zum Beginn des 5. Jh. v. Chr. Eine grossartige Blüte erlebte die Kultstätte im 4. Jh. v. Chr. mit dem aufkommenden bürgerlichen Individualismus. Zu dieser Zeit wurden die Bauten in verschiedenen Phasen restauriert und zum Teil neu errichtet. Im Jahre 86 v. Chr. plünderte dann Sulla das Heiligtum und raubte viele der kostbaren Weihgeschenke. In der Mitte des 2. Jh. v Chr. liess der Senator Antoninus aus Rom die heilige Stätte erneut wiederaufbauen. Nochmals erlebte das Heiligtum einen Aufschwung, doch im Jahre 426 n. Chr. kam es zu der endgültigen Schliessung des Betriebes, nachdem Justinian I. sämtliche heidischen Heilkulte hatte verbieten lassen. Nach dem kurzen historischen Abriss geleitete ich die Gruppe durch das Gelände. Zuerst kamen wir am Katagogeion, dem antiken Gästehaus, vorbei. Das Katagogeion war das grösste Gebäude von Epidauros. Der quadratische Bau war im 4. Jh. n. Chr. erbaut worden und ist wohl die wichtigste Unterkunft für Pilger und Heilsuchende gewesen. Nicht weit vom Katagogeion entfernt lassen sich einige spärliche Reste einer Badeanlage aus hellenistischer Zeit finden. Im heiligen Bezirk selbst ist es vor allem die Tholos, die das Interesse auf sich zieht. Der Rundbau wurde zwischen 360 bis 320 v. Chr. nach den Plänen Polyklet des Jüngeren erbaut. Aussen war er von 26 dorischen Säulen umgeben. Im Innern befanden sich 14 korinthische Säulen. Sein Durchmesser betrug 22 m. Der Zweck dieses Baus ist leider unklar. Manche halten ihn für das mythische Grab des Asklepios, andere für eine Opferstätte. Heute sind leider nur noch die Fundamente zu sehen, die aus sechs konzentrischen Mauern bestehen. Der wichtigste Sakralbau von Epidauros war der ebenfalls im 4. Jh. erbaute Asklepios-Tempel. Der Bau verfügte nur über bescheidene Masse (23 m lang, 11 m breit). Der Tempel wurde im dorischen Baustil errichtet. Eine Aufstiegsrampe befand sich am östlichen Eingang. Am Westgiebel des Tempels war ursprünglich die Amazonomachie dargestellt, am Ostgiebel der Fall Trojas. Leider sind von dem Bau nur noch spärliche Reste erhalten. Nach der Besichtigung des Areals bis hin zu den Propyläen machten wir uns auf den Weg ins Museum, wo wir einige Heilinschriften und eine grosse Anzahl von Rekonstruktionen der antiken Bauten betrachten konnten. Leider war es aufgrund der vielen Museumsbesucher schwierig, die gesammelte Gruppe durch die Räume zu führen. Später fuhren wir dann weiter nach Argos, wo wir das riesige Theater und das berühmte Heraion besuchten. Xenja
Herren
Argos: Theater Nach Epidauros führte uns unser Weg nach Argos, wo eine Besichtigung des Theaters und der davor gelegenen römischen Thermen geplant war. Die Sonne näherte sich allmählich ihrem Höchststand und die Energiereserven der Reiseteilnehmer wurden stark auf die Probe gestellt, boten die Sitzreihen des Theaters doch kaum kühlenden Schatten. Ein kurzes Referat lieferte Informationen zum archäologischen Befund, zur Bau- und Nutzungsgeschichte und zur kultischen Einbettung der Anlage. Aufgrund des wachsenden Zeitdrucks blieb anschliessend allerdings kaum mehr Zeit für die weitere Besichtigung, die römischen Thermen wurden zugunsten des weiteren Tagesprogramms ganz weggelassen. Patrick
Lorenzon
Argos: Heraion Danach fuhren wir zum Heraheiligtum, welches den meisten von uns (zumindest denen, die mit dem Kantharos Griechisch gelernt hatten) bereits bekannt war aus der Geschichte von Kleobis und Biton. Deren Mutter war die Herapriesterin und sollte, da im Heiligtum die Heraia gefeiert wurden, auf einem von Rindern gezogenen Wagen den Festzug ins Heiligtum anführen. Als die Rinder nicht aufzufinden waren, spannten die tüchtigen jungen Männer sich selbst vor den Wagen und zogen ihre Mutter ins Heraheiligtum. Nach dem Opfermahl schliefen sie erschöpft im Schatten des Tempels ein, und als ihre Mutter Hera bat, ihren Söhnen das beste zu geben, was einem Menschen zuteil werden kann, entschliefen sie ruhig und schmerzlos. Die jährlichen Heraia, bei denen der Hochzeit Heras mit Zeus gedacht wurde, waren das wichtigste Fest, das in diesem Heiligtum gefeiert wurde, welches wiederum das Nationalheiligtum der Argiver war. So gross war seine Bedeutung, dass anhand der jeweiligen Herapriesterin historische Ereignisse zeitlich eingeordnet wurden, so wie es in Rom später anhand der jeweiligen Konsuln geschah. Die Liste der Herapriesterinnen reicht fiktiv bis in die mythische Zeit zurück, und schriftliche Quellen belegen, dass die Heraia bis ins dritte nachchristliche Jahrhundert gefeiert wurden. Der älteste nachweisbare Tempelbau des Heiligtum stammt aus dem 7. Jahrhundert. Bei einem Brand wurde er zerstört, und um 420 v. Chr. wurde ein neuer Tempel erbaut, auf dessen Überresten stehend wir die Aussicht über die Argolis genossen. In der Cella dieses zweiten Tempels stand das berühmte goldene und elfenbeinerne Hera-Sitzbild des Bildhauers Polyklet. Helena
Müller
Tiryns Am späten Nachmittag erreichen wir Tiryns, wo uns Professor Maran empfängt, der die Ausgrabungen leitet. Drei (!) Stunden lang führt er uns durch die Reste der mykenischen Burg, und wieder einmal erkennen die Philologen den Wert kundiger archäologischer Führung: was dem Unwissenden allenfalls Ruinenromantik sein kann, wird hier zum klar und systematisch angelegten Bauwerk. Wir werden über die Beziehungen von Tiryns mit den umliegenden Städten informiert, diskutieren über die Möglichkeit, dass ein Raum gleichzeitig Wohn- und Kultstätte gewesen sein könnte, bewundern die berühmte 'Ostgalerie' und bekommen schliesslich einen Eindruck von der 'Rhetorik' der Anlage: der spiralförmige Aufgang zu den inneren Räumen führt durch diverse, kyklopisch-massive Tore, die dem Besucher von Anfang an Furcht und Respekt einflössen mussten. Katharina
Wesselmann
Samstag, 30.09. Korinth Unter der sengenden Mittagshitze erreichen wir das antike Korinth, die Stadt an der Landenge des Isthmos. Die günstige Lage am Fusse des schützenden Felsens von Akrokorinth und am wichtigen Verkehrsknotenpunkt der N-S- und W-O-Achse sowie der Aufbau eines Kolonialreiches im 8. Jh. brachten Korinth eine Zeit reicher Blüte. Die Stadt wirkte als Drehscheibe bei der Aufnahme und Verbreitung orientalischer Kunstformen und sozialer Bräuche (z.B. des Symposions). Hohe Tonvorkommen in der Region ermöglichten eine reiche Produktion von korinthischer Keramik. Beim Einfall der Römer 146 v. Chr. wurde praktisch die gesamte Stadt zerstört. Caesar gründete sie 44 v. Chr. als römische Kolonie neu, weshalb heute vorwiegend römische Überreste zu sehen sind. Die Ausgrabungen begannen 1892 unter der Führung der American School of Classical Studies in Athen. Von den wenigen Bauten aus archaischer Zeit beeindruckt vor allem der Apollon-Tempel mit seinen sieben aufrecht stehenden monolithischen Säulen dorischer Ordnung. Er ist um 540 v. Chr. entstanden und somit einer der ältesten Tempel, die wir auf unserer Exkursion gesehen haben. Als Wahrzeichen von Korinth ist er eines der grossartigsten Baudenkmäler Griechenlands überhaupt. Er liegt auf einer leichten Anhöhe mit beherrschendem Blick über den Korinthischen Golf. Mit seinen ursprünglich 6 auf 15 Säulen (Grundriss 21.49 x 53.82 m, gemessen am Stylobat) hat er – typisch für einen archaischen Tempel– langgestreckte Proportionen. Die einzelnen Säulen besitzen keine Entasis, verjüngen sich aber um 44 cm. Die Eckkontraktion der Peristase beträgt 27 cm. Zum ersten Mal ist hier zudem eine leichte Kurvatur des Stylobats (2 cm) vorhanden. Ebenfalls aus archaischer Zeit ist der Glauke-Brunnen, ein grosser Felsklotz, in den vier Brunnenkammern eingearbeitet sind. Hier soll sich Glauke, die korinthische Königstochter, Gattin des Iason und somit Nebenbuhlerin der Medea, hineingestürzt haben, nachdem ihr Kleid, ein „Geschenk“ von Medea, Feuer gefangen hatte. Die griechische Agora war ursprünglich ein offenes Areal, das für kultische und sportliche Anlässe genutzt wurde. In römischer Zeit wurde es zu einem Forum mit Basilika, Amtsgebäuden und Ladenreihen. Es sind nur drei Relikte aus griechischer Epoche zu sehen: eine halbrunde Terrasse in der SO-Ecke, die vermutlich als Orchestra für die Darbietung von Chorliedern und kultischen Dramen diente, die Startlinie eines Stadions in der NO-Ecke sowie die Reste eines Orakelheiligtums. Im Museum ist u.v.a. eine reiche Sammlung korinthischer Keramik mit Tierfriesen und ornamentalen Dekorationen aus dem späten 8. bis zum 6. Jh. v. Chr. zu bestaunen. Unsere besondere Aufmerksamkeit gilt dem mittelkorinthischen Aryballos des Pyrrhias (um 580 v. Chr.) bzw. dessen Inschrift. Abgebildet sind ein Flötenspieler, ein Vortänzer und eine Reihe von zuschauenden Tänzern. In korinthischem Dialekt und ebensolcher Schrift ist zu lesen: „Polyterpos“ (der Vielerfreuende, d.h. der Flötenspieler), „Pyrrhias prochoreuomenos autu de woi olpa“ (Pyrrhias, der Vortänzer, ihm gehört diese Olpa). Judith
Ehrensperger
Mykene Die Besichtigung Mykenes beschränkte sich auf die fünf wohl wichtigsten und auch imposantesten Beispiele der architektonischen Hinterlassenschaften: das so genannte Schatzhaus des Atreus, das Löwentor, das Gräberrund A, den Palastkomplex und die Zisterne. Diese ausgewählten Monumente decken alle wichtigen Phasen der mykenischen Kultur ab. Vom beginnenden Aufblühen im 16. Jahrhundert vor Christus, als das Gräberrund A belegt wurde, über das grösste Kuppelgrab, das „Schatzhaus“, um 1450 v. Chr., die kyklopische Befestigungsmauer, in drei Phasen von etwa 1350-1250 v. Chr. erbaut; die letzte Erweiterungsphase ist auch diejenige, in der das Löwentor errichtet wurde. Die heute sichtbaren Reste des Palastes stammen aus der Zeit der höchsten Blüte Mykenes um 1200 v. Chr., ebenso wie auch die Zisterne, die am nordöstlichsten Zipfel der Stadt liegt. Das Museum zeigt vor allem sehr viele Funde aus der sogenannten mykenischen Epoche, auch Repliken von der berühmten so genannten Maske des Agamemnon und anderer wertvoller Goldfunde, aber auch weniges aus geometrischer oder archaischer Zeit. David
Mache
Sonntag, 01.10. Ägina – Aphaia-Tempel und Museum Auf ging es von Athen mit der Metro nach Piräus. Dort bestiegen wir ein Schnellboot und fuhren zur Insel Ägina im Saronischen Golf. Ägina war schon im 4. Jahrtausend bewohnt und ab dem 2. Jahrtausend trieb es regen Handel mit Ägypten, dem grössten Teil der Mittelmeerwelt und dem Orient. Die äginetische Seemacht machte jedoch Athen den ersten Platz streitig, und so wurde die Insel 456 v. Chr. gezwungen, dem Attischen Seebund beizutreten und musste hohe Tribute nach Athen abliefern. Die Einwohner wurden drei Jahrzehnte später vertrieben und kehrten erst 404 v. Chr. unter Lysander wieder auf die Insel zurück. Die Bedeutung Äginas als Seehandelsmacht war jedoch unwiderruflich vorbei. Der dorische Tempel der Aphaia, erbaut um 500 v. Chr, ist der am besten erhaltene Tempel seiner Epoche im griechischen Mutterland. Zudem gilt er dank seinem guten Erhaltungszustand (zum Teil durch Wiederaufbau) und der besonderen Lage als eine der schönsten Antikenstätten Griechenlands. Das können wir nach unserem eindrücklichen Besuch nur bestätigen. Zu seiner Bekanntheit in der heutigen Zeit gelangte der Aphaia-Tempel aber vor allem durch seine ausserordentlichen Giebelplastiken. Ausserordentlich deshalb, weil sie 1. durch ihre Qualität unterstreichen, dass Ägina zur Zeit des Baus ein äusserst wichtiges Kunstzentrum war und 2. weil sie in ganz spezieller Weise den Übergang von der ausklingenden Archaik zur beginnenden Klassik bestätigen. Der Ostgiebel ist nur um etwa zehn Jahr jünger als der Westgiebel, und doch lässt er sich dank klar erkennbarer Charakteristika seiner Epoche bereits in die Frühklassik einordnen, während der Westgiebel noch eindeutig zur Spätarchaik zu zählen ist. Das kleine archäologische Museum steht direkt neben dem Tempel der Aphaia. Es beinhaltet einige Grabungsfunde, die bei der Wiederentdeckung des Tempels 1811 gefunden wurden; zum Beispiel die Giebelfigur des „Herakles“ vom Ostgiebel, die Athena vom Westgiebel, Werkzeug aus Blei und sogar Bruchstücke des Tempels, auf denen man noch deutlich dessen Farben erkennen kann. Leider wurden die Original-Giebelfiguren direkt nach deren Entdeckung an den bayerischen Kronprinzen Ludwig verkauft und sind seither in der Glyptothek in München zu bewundern. Am späten Nachmittag kriegten wir noch die Chance auf ein kühles Bad im Meer und ein paar Stunden Sonnengenuss. Danach ging es zurück zum Hafen, wo wir leider unser Schnellboot verpassten. Wir fuhren mit der „Apollo“, einem grösseren, fährenähnlichen Schiff, zurück und konnten so den wunderschönen Sonnenuntergang in vollen Zügen geniessen. Claudia
Gamma, Tamara Hofer
Montag, 02.10. Kap Sounion – Poseidon-Tempel Etwas wehmütig fuhren wir am Montagmorgen auf einer wunderschönen Strasse immer am Strand entlang dem südlichsten Punkt Attikas, dem Kap Sounion entgegen - an den Ort, an dem sich Theseus` Vater angeblich ins Meer gestürzt und dadurch der Ägäis den Namen gegeben hat. Dies sollte also unsere letzte Tempelbesichtigung werden. Dass der Poseidontempel der letzte auf unserem Programm war, hiess aber noch lange nicht, dass er der am wenigsten sehenswerte war – im Gegenteil. Er bot einen mehr als würdigen Abschluss. Schon von weitem sah man die schlanken, fast ionisch anmutenden, aber dorischen Säulen in den stahlblauen Himmel ragen. Bevor der Tempel stand, waren es rund drei Meter grosse Statuen, die man als erstes sah. Eine davon, den berühmten Sounion-Krieger, konnten wir bereits zu Anfang unserer Exkursion im archäologischen Nationalmuseum in Athen bestaunen. Empfangen wurden wir auf dem Kap vom berüchtigten stürmischen Wind - ein Grund, gerade hier dem Meeresgott zu huldigen. Hatten doch die Seefahrer, die nach Attika kamen, das Schlimmste hinter sich, waren sie einmal ums Kap herumgesegelt, denn dort ist der Wind wieder bedeutend ruhiger, und somit auch das Meer. Die Lage des Poseidons-Tempels ist atemberaubend. In der Umgebung von rötlichem Felsen und tiefblauem Meer bilden die weissen Säulen einen einmaligen Kontrast. Schon 1810 inspirierten sie Lord Byron zu einem Gedicht über Sounion. Wie bereits angetönt, sind diese Säulen für einen dorischen Tempel ungewöhnlich schlank; so dass man von weitem durchaus meinen könnte, es handle sich um einen ionischen Tempel. Durch diesen unverkennbaren ionischen Einfluss aber erhält der Tempel gerade seine berühmte Zierlichkeit. Etwa 500 Meter landeinwärts, ausserhalb der ursprünglichen Festung, sind die Überreste des Athena Sounias Tempels zu sehen. Mit seinem Bau wurde nach den erfolgreichen Schlachten der Griechen im Perserkrieg zu Ehren von Athens Stadtgöttin an der Stelle eines älteren Tempels begonnen. Der neue Tempel besass nur auf der südlichen und östlichen Seite jeweils eine Säulenreihe; diese asymmetrische Säulenanordnung machte ihn einzigartig. Nach der Zerstörung des Tempels wurden die Säulen für einen frühkaiserzeitlichen Palast auf die Agora Athens abtransportiert. Mit diesen wunderschönen Bildern im Kopf und den obligaten Gruppenfotos auf Zelluloid (bzw. Speicherkarte) ging es nun endgültig heimwärts. Zum letzten Mal begleitete uns unser Chauffeur Ioannis, den alle dank seiner fröhlichen und hilfsbereiten Art in den zehn Tagen ins Herz geschlossen haben. Tamara
Hofer, Lucien Fluri |
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